Brückenmarathon auf der Zielgeraden
Dorndorf-Steudnitz.
Die gewaltige Stahlbrücke, die bei Dorndorf mit drei Bögen die Saale überspannt, hat seit 124 Jahren manchen bewundernden Blick auf sich gezogen. In der jüngsten Vergangenheit ob ihres rostigen Aussehens aber auch viele mitleidige. Kein Wunder, dass die vier Enthusiasten, die diese Brücke unbedingt erhalten wollen, vor zehn Jahren auch manches Kopfschütteln ernteten.
Dieter Kneist, Manfred Buchwald, Ulrich Fink und
Matthias Bornschein (vom links) waren die vier Enthusiasten, die 2006 die
Gründung des Brückenvereins anschoben, um die historische Stahlbogenbrücke über
die Saale zu erhalten. Foto: Angelika Schimmel
Vier Enthusiasten suchten Gleichgesinnte
Doch sie fanden schon beim ersten Treffen im September 2006 an die 40
Gleichgesinnte, die den Dorndorfer Brückenverein gründeten. "Diese
Dorndorfer sahen unter der abbröckelnden Farbe und den maroden Pfeilern ein
Bauwerk, das mehr als nur eine ingenieurtechnische Meisterleistung des 19.
Jahrhunderts ist. Die Carl-Alexander-Brücke war für sie markantes Wahrzeichen
unseres Heimatortes und eine Landmarke für die ganze nördliche
Saaleregion", erinnerte sich Dieter Kneist, einer der vier
Vereinsinitiatoren, an die Aufbruchstimmung. Deshalb hatte der Verein nur ein
Ziel: die 1892 errichtete Fachwerkbogenbrücke, die mit drei stählernen Bögen
die Dörfer Dorndorf und Naschhausen rechts- und linksseitig der Saale
verbindet, zu sanieren, um sie zu erhalten. Dass dieses Vorhaben ein Marathonlauf werden würde, haben damals wohl
die wenigsten geahnt, resümierte zum zehnjährigen Vereinsjubiläum gestern
Matthias Bornschein, Vereinschef und neuerdings auch Ortsteilbürgermeister.
"Wie bei jedem Marathonlauf sind auch wir mit Mut und Enthusiasmus an den
Start gegangen, haben aufs Tempo gedrückt, aber auch Phasen erlebt, in denen
unsere Kräfte zu erlahmen drohten", beschrieb Bornschein die Zeiten, da
die Vereinsmitglieder auf allen Ebenen Unterstützer mobilisierten, Bilder
versteigerten, um Gelder zusammenzubekommen und das Brückenfest als
Gemeinschaftsaktion aller Vereine im Ort aus der Taufe hoben. Das feierte, wie der Verein, in diesem Jahr auch sein erstes rundes
Jubiläum. Er berichtete aber auch von Rückschlägen im Ringen um Gelder und
Argumente für den Erhalt der Ortsbild prägenden Brücke, über die heute zwar
keine Autos, dafür aber Radfahrer auf mehreren überregionalen Radwegen rollen.
Bornschein erinnerte auch an den lähmenden "Nackenschlag", als das
Ostthüringer Straßenbauamt 2012 beschied, eine Sanierung der alten Brücke sei
viel zu teuer und ihr Abriss sowie der Neubau einer kleinen Rad- und
Fußgängerbrücke wirtschaftlicher.
Doch hatte die Carl-Alexander-Brücke da schon so viele Freunde – unter den Stadträten von Dornburg-Camburg, beim Denkmalschutz und im Erfurter Bauministerium, dass an ein Aufgeben der Vision, die Saalebrücke zu einer Erlebnisbrücke für Einheimische und Touristen zu machen, nicht in Frage kam. Wieder mobilisierten die Dorndorfer ihre Kräfte, gaben ihr Vereinsvermögen für ein fundiertes Gutachten zum Brückenzustand und eine Sanierungskostenaufstellung her – und bewogen das Land Thüringen 2013, einen Architektenwettbewerb zu initiieren und zu finanzieren, ließ Bürgermeisterin Dorothea Storch in der gestrigen Feierstunde ein Stück Vereins- und Projektgeschichte Revue passieren. Obwohl es um die Finanzen der Stadt damals nicht rosig ausgesehen habe, hatten die Stadträte 20 000 Euro an Eigenmitteln für den Architektenwettbewerb freigegeben, sagte Storch. Der Siegerentwurf des Büros Setzpfandt aus Weimar habe nicht nur viele Dornburger überzeugt, sondern auch Geldgeber wie Straßenbauamt, Denkmalpflege und das Ministerium.
1,2 Millionen Euro als Geburtstagsgeschenk
Und obwohl die berechneten Sanierungskosten für die Brücke mit 2,2 Millionen Euro doppelt so hoch wie die ersten Schätzungen liegen, zweifelt heute kaum noch jemand an der Realisierbarkeit des Vorhabens. Letzte Zweifler hat gestern Landtagsabgeordneter Mario Voigt bekehren können, der einen Fördermittelzuwendungsbescheid des Landes über 1,246 Millionen Euro für die Carl-Alexander-Brücke an Dorothea Storch und Matthias Bornschein übergab. Damit könne nun die Sanierung der Brücke starten. Zusammen mit 220 000 Euro vom Straßenbauamt, 200 000 vom Denkmalschutz und 500 000 Euro von der Stadt ist die Finanzierung fast rund.
"Wir sind jetzt auf der Zielgeraden", zeigte sich Bornschein optimistisch. Für den Verein heißt das, noch knappe 25 000 Euro an Spenden einzuwerben und manche Eigenleistung zu erbringen, damit 2018 die alte Saalebrücke in neuem Glanz strahlen kann.
/ 05.11.16 / O